EINE EINHEIT VON INTELLEKTUELLER, HERZENS- UND WILLENSBILDUNG

Als Eduard Rosenthal am 25. Juni 1926 im Alter von 72 Jahren verstarb, widmete ihm sein Freund, Kollege und Nachbar, der Erziehungswissenschaftler und Mitbegründer der Volkshochschule in Jena und Thüringen, Wilhelm Rein einen bewegenden Nachruf. 

Darin heißt es u.a.: 

„Das soziale Empfinden war so stark in ihm ausgeprägt, daß ihm die gelehrte Arbeit am Schreibtisch nicht genügen konnte, die ihm als Dozenten der Universität natürlich in erster Linie am Herzen lag und den größten Teil seiner Wirksamkeit beanspruchte. Aber seine unermüdliche Arbeitskraft, die unerschöpflich schien, ließ ihn nicht ruhen und drängte ihn auch zur Mitarbeit an den Problemen, welche die Volkshochschulbewegung unserem Volke stellt. […] 

Vor allem lag ihm die Aufgabe der staatsbürgerlichen Erziehung am Herzen, an der ja auch die Volkshochschule wesentlichen Anteil nimmt. 

Die engen Beziehungen zwischen Staatsverfassung und Volksbildung standen ihm klar vor der Seele. Als Urheber des Entwurfs der Verfassung für das Thüringer Land wußte er sehr wohl, daß die Artikel der Verfassung erst dann lebendig werden können, wenn charaktervolle Menschen, welche in sich intellektuelle Bildung mit wahrer Herzens- und Willensbildung vereinigen, nach der Verfassung sich richten und sie damit in die Wirklichkeit umsetzen. Fehlen solche Menschen, dann ist die beste Verfassung eben nur ein Stück Papier.“


Nachruf auf Professor Eduard Rosenthal von Wilhelm Rein, in Volkshochschulblätter, herausgegeben von der Volkshochschule Thüringen, 8. Jahrgang, Nr. 5 vom September 1926