Der Arbeiter als Citoyen
Ernst Abbe galt Rosenthal als Vorbild und Beispiel, hatte er doch erkannt, dass private Unternehmen nur dauerhaft erfolgreich agieren können, wenn sie fest in den Fundamenten des Staates verankert werden.
„Die Beziehungen zwischen den Unternehmern und seinem Personal sollten aus einem Gewaltverhältnis in ein Rechtsverhältnis umgewandelt werden.“
Abbe wollte, so Rosenthal, nicht über Industrie- untertanen herrschen, sondern „mit Industriebürgern […] in gemeinsamer Arbeit sieghaft den Erfolg des Unternehmens dauernd herbeiführen.“ Mit dieser Auffassung wird der Arbeiter zum Citoyen, das Recht auf Arbeit zum Bürgerrecht. […]
In seinen Schriften zum Staats- und Wirtschaftsrecht definiert Eduard Rosenthal den modernen Sozialstaat als Kulturstaat. Das ist ihm gelungen, weil er mit dem Gestus des Künstlers die größten und schwierigsten Staatsprobleme löste. Er ver- band die am weitesten gehenden Erkenntnisse zur Freiheit des Menschen, wie sie in Jena durch Schiller, Fichte, Schelling und Hegel entwickelt wurden mit der von Abbe praktizierten Idee der sozialen Gerechtigkeit. Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Nationalökonomen Julius Pierstorff, beriet er Ernst Abbe beim Verfassen des ersten Entwurfs für die Carl-Zeiss-Stiftung.
Dietmar Ebert: Eduard Rosenthal und seine Verdienste um die Salana, die Stadt Jena und das Land Thüringen, in: Verena Krieger & Jonas Zipf »Erkundungsbohrungen«. Ein dezentrales Denkmal für Eduard Rosenthal, Weimar 2020, S.62